Leserbrief zur Freibad-Sanierung und -Finanzierung
Von Helmut Moraw, 22.02.2009
Es ist absolut unverständlich, wie die politischen Institutionen zum „Thema Freibad“ agieren. Die Grünen wollen einen „Ideenwettbewerb“ und die SPD einen „Runden Tisch“ für die Entwicklung von Konzepten zu einem Freibad. Die CDU und die FDP protegieren einen Architektenentwurf in 5 (Ausführungs-) Varianten. Was soll das alles? Hat die Stadt den Lotto-Jackpot geknackt und nun das Geld für den Bau eines „neuen Freibads“ oder ist das Geld knapp und wir begnügen uns mit der Sanierung des „alten Freibades“? Welcher „Privatmann“ käme auf die Idee sein Haus abzureißen und neu zu bauen, wenn einige Sanierungsmaßnahmen zum Ziel führen?
Wir brauchen kein neues Freibad und können es uns offensichtlich auch nicht leisten. Wir haben aber ein Freibad, das mit einigen Sanierungsmaßnahmen weiter nutzbar wäre. Will man das Freibad aufgeben, dem Verfall Preis geben und so Volksvermögen vernichten? Mit relativ geringen Kosten sind zusätzliche Einrichtungen zur Steigerung der Attraktivität möglich, wie durch Spielplätze (Kinderspielplatz, Multifunktionsplatz für Badminton, Basketball, etc. sowie ein Beach-Volleyballfeld). Die Neugestaltung des „Mutter-Kind-Bereichs“ (Kleinkinder-Plansch-Bereich) ist zwingend notwendig.
Saniert werden muss dem Vernehmen nach die „Technik“ des Freibades, deren Ausfall als Grund angegeben wird, dass das Freibad in 2009 nicht geöffnet werden kann. Der Beschluss für eine dauerhafte Schließung liegt derzeit nicht vor. Wenn also eine Sanierung mit vertretbaren Kosten möglich ist, warum sollte man einen Neubau mit sich daraus bedingenden hohen Kosten und Finanzierungsproblemen anstreben? Wer so agiert, der hat die Schließung des Freibades im Sinn!
Wenn nun jemand meint, dass die „Variante 1“ die Kosten für die Bestandserhaltung des Freibades aufzeigt, dem sei gesagt, dass er getäuscht worden ist. Variante 1 ist keine Bestandssanierung, sondern beinhaltet den Abbruch und den Neubau der bestehenden Baulichkeiten. Zudem wurden Innenauskleidungen der Wasserbecken aus Edelstahl „zu Vergleichszwecken“ (?) eingerechnet. Das Springerbecken mit Sprungturm, welches seit Jahren außer Betrieb ist, wurde ebenfalls in Variante 1 eingerechnet. Diese anteiligen Kosten sind als recht hoch zu bewerten und auf das Springerbecken kann bei fehlendem Geld am ehesten verzichtet werden. Eingerechnet wurden auch die Abbruchkosten für das „alte“ Hallenbad, was mit dem Freibad überhaupt nichts gemein hat. Und schließlich wurden auch Grundstückskosten einbezogen, die bei einem Neubau anfallen, aber nicht zu einer Bestandssanierung gehören. Eine „Meisterleistung der Verhinderungsstrategie“ kann man da nur sagen.
Also, warum sollte man etwas verändern, was zudem nur Geld kostet. Die Freiflächen sind noch ausreichend, obwohl manche noch der ursprünglichen größeren Fläche nachtrauern. Eine Verkleinerung („Kompaktlösung“) ist keinesfalls hinnehmbar, weil dann die Ansprüche an ein Freibad nicht erfüllt wären. Warum sind die Badeseen so beliebt und so gut besucht? Es ist der freie Bewegungsraum im Wasser und an Land, sowie der Aufenthalt in der Natur, der sie so beliebt macht.
Eine Bestandssanierung zu einer funktionsgerechten Technik und nach DIN-Standards ist mit Sicherheit weitaus kostengünstiger möglich, als zu den genannten Kosten der Varianten. Es Bedarf keiner neuer Konzepte! Es Bedarf einer sachgerechten Kostenermittlung! Danach ist auch eine angepasste Finanzierung aufstellbar, denn ohne Geld geht es nicht. Aber es ist doch ein Unterschied, ob 5 Millionen oder (vielleicht) 2 Millionen aufzubringen wären.
Einige Vorschläge zur Finanzierung
- Zunächst kann von einer Rückstellung im städt. Haushalt für das Freibad ausgegangen werden, da ein Sanierungsbedarf seit Jahren bekannt war und auch die Sanierungsbereitschaft offenbar vorhanden war. Dies dokumentiert der Stadtentwicklungsplan (Fassung September 2007). So heißt es u. a. „…Freibad erhalten und zeitgemäß umgestalten…“
- Unter Zugrundelegung der im Stadtentwicklungsplan angegebenen Pro-Kopf-Verschuldung der Stadt mit 657 € (Stand 2006) ist zu einer Durchschnittsverschuldung (im Kreis 1.551 €, im Land Hessen 1.527 €, jeweils Stand 2005) noch ein bedeutsamer Spielraum. (Auch sonst ist interessant wie positiv die finanzielle Lage der Stadt im Stadtentwicklungsplan (Ziffer 2.7) beschrieben wird.)
- Spenden und Beiträge aus einem Förderverein sowie aus unentgeltlichen Arbeitsleistungen (Aufsicht, Pflege des Freigeländes, Kasse).
- Wenn es denn unumgänglich wäre, dann wären auch die Nutzer anderer städtischer Einrichtungen (Sporthallen, Stadion, Bürgerhaus, etc.) gefordert eine spezielle Nutzungsgebühr zu entrichten. Selbst von Kleinkindern und Toten (Kindergarten- und Friedhofsgebühr) werden spezielle Nutzungsgebühren verlangt, obwohl diese gar kein Einkommen haben. (Die Vereinszuschüsse mit eigenen Einrichtungen wären adäquat zu kürzen.) Selbst bei einem geringen persönlichen Betrag ließe sich in der Gesamtsumme ein bedeutender Solidarbeitrag erzielen.
Aus der „Nichteröffnung 2009“ ergeben sich entfallende Unterhaltungskosten, welche für die letzten Jahre mit jeweils ca. 250.000 € angegeben wurden. (Ein Minimalbedarf bleibt aber auch ohne Publikumsverkehr.)
Der Zuschuss von 1.000.000 € jährlich zum Erlebnisbad monte mare muss abgesenkt werden. Es handelt sich hierbei um eine zweifelhafte Dauersubvention aus dem Steueraufkommen der Stadt in das kommerzielle Wirtschaftsunternehmen monte mare.
Das Spaß- und Erlebnisbad monte mare, gehört mit rund 500.000 Besuchern jährlich zu den führenden Freizeitbädern Deutschlands, so schreiben die CDU und FDP-Fraktionen im Internet. Das monte mare hat eine überregionale Ausrichtung (so auch der Stadtentwicklungsplan, Seite 28). Den Anteil der Obertshausener Besucher schätze ich auf 10-15%, also ca. 60.000 (Bad und Sauna). Selbst bei 50.000 Besuchern im Bad allein, wäre aus der Vergünstigung „Obertshausener Ticket“, nur ein Zuschuss von rund 100.000 € gerechtfertigt. Nutznießer der Subvention sind also die ca. 85-90% Ortsfremden. Ist das zu rechtfertigen?
Die Obertshausener Bürger müssen so auf ihr Freibad verzichten, damit überwiegend die Ortsfremden preisgünstig baden, planschen, rutschen und saunieren können! Sinnvoll wäre aber ein eigener Tarif für die alleinige Nutzung des Sportbeckens im Erlebnisbad. Wer nur schwimmen will, benötigt kein Erlebnisbad und will dafür auch nicht bezahlen. Selbst im „Ortstarif“, zahlt man 50-100% (je nach Tarifstruktur) mehr als in den Hallenbädern der Umgebung. Aber vielleicht will man den „Hallenbadbesucher“ gar nicht im „Erlebnisbad“, was die Begründung der Subvention gänzlich hinfällig werden ließe!